Schnuppern

Wie einige von euch vielleicht schon mitbekommen haben, fange ich (David) erst mit Ende Oktober Vollgas bei Banda Health an. Derweil konzentrieren wir uns auf das Sprachtraining (Kiswahili), aber wir haben nur 4 mal die Woche Unterricht, also kann ich schon ein wenig in die Arbeit rein schnuppern.

Ich würde euch gerne von einem solchen Tag erzählen weil es repräsentativ ist, für wie meine Arbeit zukünftig ausschauen wird.

In der Früh holte mich Steve, der Leiter von BANDA Health, ab. Unser Ziel, eine Klinik in der Nähe von Kariobangi, ein Armenviertel auf der anderen Seite von Nairobi. Wir fuhren erstmals außen um Nairobi herum, um Stau zu vermeiden und ich musste wieder über die Kontraste in dieser Stadt staunen. Direkt neben der von Chinesen gebaute Autobahn erstreckt sich ein Meer aus rostigen Blechdächern (der Kibera Slum), die Gassen zwischen den Unterkünften kaum erkennbar, hinter dieser extremen Armut dann die Hochhäuser der CBD (Central Business District) – die finanzielle Hauptstadt Ostafrikas.

Zugang zur Klinik

Als wir durch die ungeteerten Straßen mit offenen Abwasserrillen im Schritttempo fuhren (schneller geht nicht wegen den Handkarren die gelbe Ölkanister voller Trinkwasser ausliefern), dachte ich, ja, genau wegen diesen Menschen sind wir hier her gekommen.

Die Mundika Klinik hat 25 Betten, Geburts- und Untersuchungsräume sowie Labor und Apotheke auf weniger Fläche als eine durchschnittliche 3-Zimmer Wohnung in Österreich. Sie ist 24 Stunden am Tag geöffnet und der Pfleger der die Klinik 2007 gegründet hat ist der best-ausgebildete Mitarbeiter vor Ort – keine Hebammen, keine Ärzte. Über 90% der medizinischen Bedürfnisse der umliegenden Bevölkerung müssen mit weniger als 1 EUR pro Patient und Monat in dieser Klinik bedient werden. Ich habe keine Ahnung wie dieses Unternehmen funktionieren kann.

Wir erhofften uns von Gespräch mit dem Eigentümer, uns an ein ethisches Thema heran zu tasten. Viele Kliniken brauchen die Dienstleistungen von BANDA Health, aber im Moment ist es nicht möglich alle Interessierte zu bedienen, daher brauchen wir einen Prozess oder Leitfaden Prozess mit der die Reihenfolge entschieden wird. Bisher, hat BANDA Health sich auf von Kirchen oder Christen betriebenen Kliniken konzentriert. Es wird aber jetzt überlegt, auch Kliniken zu dienen, die ein Tor zu einer bestimmten Gegend oder Bevölkerungsgruppe darstellen. So kommen wir aus BANDA Health – und auch Kollegen und Geschwister aus anderen Diensten – an Menschen heran, die sonst unzugänglich sind. In diesem Gespräch wollten wir diesen Mann und seine Klinik kennen lernen und erfahren, was seine Beweggründe sind, und ob wir auf einer ethischen Basis zusammenarbeiten können. Was will er mit seiner Klinik erreichen? Wie behandelt er seine Mitarbeiter? Wie seriös sind seine medizinischen Behandlungen? Sind seine Preise berechtigt? Arbeitet er mit anderen Gruppen zusammen, mit denen wir auch zusammenarbeiten würden? Manche Kliniken bieten inoffiziell Verfahren an, die verboten oder Gefährlich sind. Abtreibung ist z.B. in Kenia verboten, und doch wird es häufig mit unkonventionellen Mitteln versucht – oft mit tödlichen Folgen für Mutter und Kind. Es war faszinierend so ein Gespräch zu führen und erstmals einen Einblick in diesem Sektor in diesem Land zu bekommen. Es war auch spannend solche strategisch wichtige Fragen für die Organisation zu besprechen und meine Meinung einbringen zu dürfen.

Eigentümer der Mundika Klinik. Alle Medikamente und Behandlungsbedarf sind in seinem Büro versperrt.

Nachdem wir Antworten auf viele unserer Fragen bekommen hatten, endeckten wir, dass unser Fahrzeug draußen auf der Straße angefahren wurde. Somit hatte ich nochmal eine Stunde Zeit um die Dame in der Aufnahme über die öffentliche Finanzierung von solchen Kliniken zu befragen. Das war sehr aufschlussreich und auch traurig, weil ich gesehen habe wie ineffizient die begrenzten Ressourcen für die Bevölkerung eingesetzt werden.

Am Nachmittag waren wir im Büro von BANDA Health wo die Leitung eines einheimischen Kirchenverbunds für eine Besprechung eingeladen war. Diese Kirchen betreiben im Kibera Slum und in einer armen Gegend an der Küste (Kwale) zwei Kliniken. Bisher hatten sie keine Ahnung, wie effektiv ihre Arbeit war. Was haben ihre schwer erarbeiteten Spenden wirklich gebracht? Wem wurde geholfen? Was könnte man besser machen? Nach wenigen Wochen Zusammenarbeit mit BANDA Health hatten sie erstmals Antworten auf diese Fragen. Daten wurden visuell aufbereitet und Prozesse klar ausgelegt, Pläne wurden geschmiedet und Schritte definiert um die Patienten und ihren Familien besser zu dienen. Es war so erfrischend zu sehen, dass – trotz Korruption und überwältigende Armut – Geschwister im Namen Jesu ihren Mitmenschen geholfen und Liebe und Hoffnung geschenkt haben.

Auf der Heimfahrt hatte ich unerwartet viel Zeit im Auto mit Steve weil der sonnige Tag sich in ein Gewitter verwandelt hat. Das bedeutet in Nairobi Überschwemmungen mit reißenden Strömungen und noch mehr Stau als sonst. Fast zwei Stunden haben wir für 4 Kilometer gebraucht aber es war eine wertvolle Zeit in der wir über die Strategie von BANDA Health und meine Rolle in der Umsetzung sprechen konnten. Es ist so viel Dringendes und Wichtiges zu tun, und die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt, da ist es wichtig genau zu überlegen und zu Planen was man tut und vor allem viel um Weisheit und Führung zu beten. Wenn man los startet kommen dann ganz unerwartete Herausforderungen worauf man flexibel reagieren muss. Ich empfand noch mehr Aufregung über und Freude auf die neue Aufgaben.

Daheim angekommen traf ich auf drei ausgeglichene Blondinen und einen grinsenden Hund. Die Mädels hatten Freundinnen eingeladen gehabt – was in sich schon eine Gebetserhörung ist – und mein Vaterherz wärmte. Lisa hatte gute Neuigkeiten über ihrem eigenen Aufgabengebiet und wir erzählten und diskutierten wie aufgeregte Jugendliche bis spät in die Nacht.

Ach ich liebe es hier einfach. Wir danken Gott täglich, dass wir mit Ihm und euch diesen Weg gehen dürfen.